Die Hatecke-Werft wird von Rainer Hatecke in fünfter Generation geführt. Azubi Elia Wirth ist auch mit an Bord.
Schmitz / Handwerkskammer

Rainer Hatecke setzt alles daran, seinen Auszubildenden ein stabiles Fundament für den beruflichen Einstieg zu ermöglichen. Der Bootsbauer bezahlt seinem derzeitigen Lehrling eine Wohnung, integriert ihn voll im Team und übergibt ihm Verant­wortung, damit er an den Herausforderungen während seiner Lehrzeit wachsen kann. Durch Vertrauen zu mehr Leistung

Auf Augenhöhe mit Schiffsschraube und Rumpf, zwischen Kiel und Bordwänden, dort wo sich die Sonnenstrahlen brechen, die durch die Oberlichter der Halle auf unzählige Boote treffen, wird repariert, restauriert, umgebaut und neugestaltet. Es ist kaum ein Durchkommen in der Werkstatthalle der Bootswerft Hatecke im niedersächsischen Freiburg an der Elbe. Dicht an dicht wurden kleine Schiffe und riesige Boote aufgebockt. Sie warten auf neue Planken, aufs Kalfatern oder einen neuen Anstrich. Einige wür-den im jetzigen Zustand binnen kürzester Zeit im Gewässer untergehen, andere glänzen unter ihrem Holzlack, benötigen eine Generalüberholung. Gear-beitet wird mit Holz. Kunststoffboote werden auf der Hatecke-Werft nicht gebaut. Sechs Mitarbeiter arbeiten genau aus diesem Grund dort. Auf die Ausbildung von Nachwuchshandwerkern wird seit jeher großen Wert gelegt. Auch dabei hat Qualität Priorität. Der Anspruch, unter die Sieger des Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks (PLW) zu gelangen, sei Einstellungsvoraussetzung für jeden Azubi, scherzt Rainer Hatecke. Er ist Bootsbauer und Betriebsinhaber der Werft. Seit 160 Jahren besteht der Familienbetrieb - nun in fünfter Generation.

Ausbildung in bester Atmosphäre

Der Auszubildende Elia Wirth steht kurz vor seiner Zwischenprüfung. Er fühle sich auf der Werft immer ein wenig aus der Zeit gefallen. „Ich komme aus der Stadt. Die Uhren ticken einfach anders“, beschreibt er. Der 20-Jährige sei aber sehr gut aufgehoben bei Familie Hatecke. Obwohl die Arbeitsbedingungen auf der Werft einiges abverlangen: Im Sommer ist es heiß, im Winter sehr kalt. Zurzeit ist es noch kühl in den Hallen, die Atmosphäre ist es nicht. Die sechs Angestellten fühlen sich genauso wohl wie Elia Wirth. „Der Bootsbau ist ein spannendes Gewerk, insbesondere mit dem Werkstoff Holz“, sagt der Auszubildende. Deshalb hat er sich nach einigen Praktika auch für die Ausbildung bei Firma Hatecke entschieden.
Die Werft Hatecke ist eine der wenigen Werften, die sich auf den Holzbootebau spezialisiert hat. „In der Berufsschule lerne ich alle Werkstoffe kennen“, sagt der Auszubildende. Ein Boot aus Holz zu bauen, sei aber etwas Besonderes für ihn. Das Naturprodukt verhalte sich in der Verarbeitung ganz anders als Kunststoff oder Metall. Rainer Hatecke weiß dieses große Interesse und Engagement seines Auszubildenden zu schätzen: „Mein Lehrling macht keine Handlangerarbeiten, er soll viel lernen und früh Verantwortung übernehmen.“ Der Bootsbauer bezahlt seinem Azubi eine Wohnung, regelmäßiges Mittagessen bei Hatecke senior inklusive.
„Die Investitionen in einen Auszubildenden kommen in Form von guten Leistungen zurück in den Betrieb“, sagt Rainer Hatecke. Er habe großes Interesse daran, dass Elia Wirth nach seiner Gesellenprüfung im Betrieb verbleibt. „Gute Fachkräfte sind kaum zu finden“, betont er. Bei der Ausbildung eigenen Nachwuchses könne er selbst mitgestalten und Schwerpunkte zugunsten des Betriebs setzen.

Die Hatecke-Werft wird von Rainer Hatecke in fünfter Generation geführt.
Schmitz / Handwerkskammer

Berufserfahrung in Ausbildungsbetrieb

Elia Wirth sieht seine Zukunft auf der Werft: „Wenn ich Geselle bin, möchte ich erst einmal Berufserfahrung sammeln, dann vielleicht den Meister machen, und zwar im Betrieb der Werft Hatecke.“ Durch Erlebnisse wie den jüngsten Stapellauf eines frisch restaurierten Börtebootes sei seine Entscheidung untermauert worden. Auf der Restaurierung der Helgoländer Börteboote liegt besonderes Augenmerk der Werft. Rainer Hatecke hat für die traditionellen Ausschiffungsboote einen Verein gegründet. „Die Boote faszinieren mich. Ich möchte nicht, dass sie irgendwann in Vergessenheit geraten.“ Das gelte für alle Handwerksberufe: „Wer nicht ausbildet, gibt weder Fertigkeiten noch Tradition weiter.“ Irgendwann schade das dem Handwerk.

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Der Terminkalender der Werft ist gefüllt mit Auftragsarbeiten an kleinen Yachten und größeren Schiffen. „Qualität spricht sich herum“, sagt der Bootsbauer lächelnd. Er selbst sei nach seiner Ausbildung 1981 Bundessieger im Leistungswettbewerb geworden. Dieser Anspruch an eine gute Ausbildung sei ihm noch immer wichtig. „Mit guten Lehrjahren fängt alles an“, sagt er. Auch er habe in dieser Zeit seine ganze Leidenschaft für den Beruf entwickelt und denkt lange noch nicht ans Aufhören. „Jedes Boot hat eine Geschichte. Genau wie jeder Mensch“, sagt der 60-Jährige. Wenn er in der Geschichte seiner Auszubildenden einen guten Beitrag leisten könne, sei er sehr zufrieden.

Die Hatecke-Werft in Freiburg an der Elbe wird von Rainer Hatecke in fünfter Generation geführt.
Schmitz / Handwerkskammer

Helgoländer Börteboote

Beim Helgoländer Börteboot handelt es sich um ein hochseetüchtiges, circa zehn Meter langes, drei Meter breites und acht Tonnen schweres Boot aus massivem Eichenholz. Es ist in den Farben Helgolands lackiert (grün, rot, weiß) und wird seit 1952 während der Saison von Frühjahr bis Herbst zum „Ausbooten“ zwischen den vor Helgoland ankernden Seebäderschiffen und der Landungsbrücke genutzt. Die Tradition des Ausbootens ist dem Umstand geschuldet, dass die Fähren und Passagierschiffe einen zu großen Tiefgang für den Helgoländer Hafen haben. Das Wort „Börte“ stammt aus dem Lotsenwesen und bedeutet sinnbildlich „an der Reihe“. Seit dem 18. Jahrhundert verdienten die Helgoländer Seeleute ihr Geld zum größten Teil mit Lotsendienst oder mit Berge- und Hilfeleistung in Seenot geratener oder gestrandeter Schiffe. Diese Lotsenfahrten wurden in Reihenfolge ausgelost. Die Helgoländer Börteboote beförderten in den 1970er und 1980er Jahren täglich bis zu 10.000 Ausflugsgäste. Über 20 der Holzboote holten damals die Menschen der Reihe nach an Land. Noch heute finden bis zu 50 Passagiere während der rund 15-minütigen Fahrt zum Helgoländer Festland in den Booten Platz. Da moderne Schnellfähren mittlerweile direkt am Südhafen anlegen können, verlieren die Börteboote aber zunehmend an Bedeutung. Seit 2014 existiert deshalb der Verein zum Erhalt der Helgoländer Börteboote, deren Gründungsmitglied der Bootsbauer Rainer Hatecke ist.

160 Jahre Werft Hatecke in Freiburg

Der Schiffzimmerer Barthold-Hermann Hatecke gründete 1861 die Hatecke-Werft in Freiburg an der Elbe. Seine beiden Söhne Wilhelm und Hermann stiegen nach ihrer Ausbildung in den väterlichen Betrieb ein. Im Jahre 1903 übernahm Hermann den Betrieb und Wilhelm gründete eine eigene Werft in Dornbusch. Seit 1995 betreibt Rainer Hatecke den traditionellen Holzbootsbau in fünfter Generation. Neben Segel- und Motorjachten baut die Bootswerft Hatecke seit Ende des 20. Jahrhunderts hauptsächlich die Helgoländer Börteboote. Die größten auf der Werft gebauten Schiffe waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts friesische Segelschiffe, die sogenannten Ewer, mit einem Gewicht von bis zu 80 Tonnen. Rainer Hatecke denkt nach eigenen Angaben noch lange nicht ans Aufhören. Für den Familienbetrieb möchte er dennoch einen Nachfolger finden.



Ausbildungsberater zum Thema Ausbildung im Handwerksbetrieb

Kann jeder Betrieb ausbilden? 

Berit Herbst: Es gibt natürlich gesetzliche Vorgaben und Regeln für eine Ausbildung im Betrieb. Dazu gehört, dass Ausbildende sowohl persönlich als auch fachlich geeignet sein müssen, um ausbilden zu dürfen. Geregelt ist das im Berufsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung. Bei der fachlichen Eignung wird beispielsweise verlangt, dass berufliche und pädagogische Kenntnisse vorliegen. Diese Nachweise können durch bestimmte Qualifikationen erfolgen, wie zum Beispiel durch den Meistertitel. Außerdem muss auch der Betrieb von seiner Struktur und Ausrichtung geeignet sein, jungen Menschen eine fundierte und umfassende Ausbildung zu bieten. Am besten wenden sich interessierte Betriebe an die Ausbildungsberatung, um diese Fragen im Einzelfall klären zu können.

Was macht eine gute Ausbildung aus? 

Andreas Becker: Gut qualifiziertes und motiviertes Ausbildungspersonal, das gute Ausbildungsabläufe gestaltet und damit erfolgreiche Ausbildungsergebnisse erzielt. Konkret heißt das, Auszubildende sollten nicht nur Hilfsarbeiten machen müssen, sondern schon möglichst früh in Arbeitsaufträge eingebunden werden und zunehmend selbstständig arbeiten dürfen. Sie sollten mit vielseitigen und interessanten Aufgaben ständig dazu lernen können. Auch eine gute Prüfungsvorbereitung gehört dazu. Eine besondere Rolle spielt bei der Ausbildung die Kommunikation zwischen Ausbildenden und Auszubildenden. Rückmeldungen zu Arbeitsleistung und Verhalten sollten regelmäßig eingeplant werden, dazu reicht schon ein kurzes Gespräch. Und wichtig ist eine respektvolle Behandlung durch Ausbildende, Kollegen und den*die Chef*in. Auszubildende sollten das Gefühl haben, willkommen zu sein und wertgeschätzt zu werden.

Welche Unterstützung für die Betriebe gibt es, um die hohe Qualität der Ausbildung sicher zu stellen? 

Torben Prigge: Wir bieten sowohl Arbeitshilfen als auch Qualifizierungsangebote für das Ausbildungspersonal an. Ein sehr hilfreiches Werkzeug ist der Ordner „Qualität in der Ausbildung“. Er enthält zum Beispiel Checklisten die helfen, einen Ausbildungsplan zu erstellen, wichtige Ausbildungsaufgaben vorzubereiten, Abläufe besser zu strukturieren und nichts Wesentliches zu vergessen. Er gibt Tipps zum Ausbildungsstart oder für Feedback-Gespräche. Auch Vorlagen wie zum Beispiel zur Festlegung von Betriebsregeln oder Beurteilungen sind dort enthalten. Um Ausbildende zu unterstützen bieten wir auch kurze Workshops und praxisorientierte Seminare an, was im Moment durch Corona natürlich erschwert wird. Wenn ein Betrieb erstmals ausbilden möchte oder seine Ausbildungsberufe erweitern will, dann besuchen wir den Betrieb und besprechen vor Ort, ob die Eignung der Ausbildungsstätte und des -personals vorliegen – und falls nicht, geben wir Tipps, wie sie hergestellt werden kann.

Eine Auszeichnung für überdurchschnittliche Ausbildungsleistung ist der Leistungswettbewerb des Handwerks (PLW), der die besten Auszubildenden eines Jahrgangs auszeichnet. Was hat der Betrieb davon?

Berit Herbst: Ein Sieg im Leistungswettbewerb bedeutet eine hervorragende Leistung des Auszubildenden, aber auch, dass das hierfür erforderliche betriebliche Umfeld vorlag. Dieser Erfolg lässt sich nutzen, um in der Öffentlichkeit für die eigene Ausbildungsleistung zu werben. Das steigert den guten Ruf als Ausbildungsbetrieb und macht es in der Zukunft leichter, leistungsstarke Nachwuchskräfte zu finden. Und natürlich ist es auch für die Ausbildenden ein Erfolgserlebnis, wenn ihre Auszubildenden so gut abschneiden. Darauf können sie stolz sein. Als Anerkennung ihrer Leistung erhalten neben den Siegern auch die Ausbildungsbetriebe eine Urkunde der Handwerkskammer.



Ansprechpartner

Braunschweig 

Lüneburg 

Stade 

Torben Prigge

Tel. 04141 6062-34

Fax 04141 6062-89

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