
Ein Blick auf die Weihnachtsfeier durch die Brille des Arbeitsrechts "Alle Jahre wieder..." - die betriebliche Weihnachtsfeier
Von den einen geliebt, von den anderen gehasst und von weiteren gefürchtet: Chef und Chefin laden ihre Mitarbeiter zur jährlichen Weihnachtsfeier mit Gänsekeule und Maronen ein, auch Glühwein, Eierpunsch und Lebkuchen dürfen nicht fehlen. Und das verspricht nicht selten eine explosive Mischung zwischenmenschlicher und arbeitsrechtlicher Themen. Anlass genug, einen Blick auf die Weihnachtsfeier durch die Brille des Arbeitsrechts zu werfen.
Grundsätzlich entscheidet der Arbeitgeber jedes Jahr frei, ob er eine betriebliche Weihnachtsfeier ausrichten will. Spiegelbildlich besteht für die Arbeitnehmer keine Pflicht zur Teilnahme. Findet die Weihnachtsfeier allerdings während der Arbeitszeit statt, besteht bei Nichtteilnahme Arbeitspflicht für die betreffenden Arbeitnehmer; alternativ kann Urlaub genommen werden.
Lädt der Arbeitgeber seine Mitarbeiter zur Weihnachtsfeier ein, dürfen einzelne Beschäftigte nicht ohne sachlichen Grund von der Teilnahme ausgeschlossen werden, so das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 22.06.2017, Az.: 8 Ca 5233/16). Denn es besteht aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Teilnahmerecht. Damit ist der Arbeitgeber nicht völlig frei in seiner Entscheidung der Bestimmung des Teilnehmerkreises für die Weihnachtsfeier. Allein die Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeit stellt keinen sachlichen Grund für den Ausschluss von der Feier dar, so das Gericht.
Bei der Bescherung anlässlich der betrieblichen Weihnachtsfeier kann es für nichtteilnehmende Arbeitnehmer dagegen zu einer bösen Überraschung kommen: Selbst das durch Krankheit bedingte Fehlen auf der Weihnachtsfeier führt für den betreffenden Arbeitnehmer nach Auffassung des Arbeitsgerichts Köln zum Verlust des Anspruchs auf das „Weihnachtsgeschenk“ des Arbeitgebers (Urteil vom 09.10.2013, Az.: 3 Ca 1819/13). Im zu entscheidenden Fall wollte der Arbeitgeber mit einer nicht angekündigten Geschenkaktion die in der Vergangenheit geringe Teilnehmerzahl an Betriebsfeiern steigern und belohnte das freiwillige Engagement der Teilnehmer auf der Weihnachtsfeier außerhalb der Arbeitszeit mit einem iPad Mini im Wert von 400 Euro. Eine Zuwendung eigener Art aus besonderen Beweggründen und nicht zu vergleichen mit einer Vergütung für geleistete Arbeit, urteilte das Gericht. Und bei solchen Zuwendungen sei der Arbeitgeber berechtigt, die Arbeitnehmer unterschiedlich zu behandeln; der klagende Arbeitnehmer ging daher leer aus.
Schwerwiegende Konsequenzen können Tätlichkeiten unter Kollegen auf der Weihnachtsfeier haben: Einem Mitarbeiter, der einen Kollegen tätlich angreift, kann fristlos gekündigt werden, obwohl er 24 Jahre dem Betrieb angehört und sogar Betriebsratsvorsitzender ist. Das Arbeitsgericht Osnabrück (Urteil vom 08.04.2010, Az.: 4 BV 13/08) wertete ein Handgemenge, bei dem der Betriebsratsvorsitzende einen Kollegen schlug, als einen eine fristlose Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund. Denn der Arbeitgeber müsse sich aus seiner Fürsorgepflicht heraus schützend vor die anderen Arbeitnehmer stellen und weitere Tätlichkeiten verhindern.
Auch Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber selbst und anderen Führungskräften haben arbeitsrechtliche Konsequenzen, selbst wenn sie unter dem Einfluss alkoholischer Getränke und in vorweihnachtlicher Stimmung erfolgen, die innerbetriebliche Hierarchien verschwimmen lassen. Einem seit 23 Jahren im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer kann daher fristlos gekündigt werden, wenn er einen Vorgesetzten grob beleidigt und ihm den ausgestreckten Mittelfinger zeigt (LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2004, Az.: 18 Sa 836/04). Erhebliche Ehrverletzungen sind keinesfalls durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt; die Rechtfertigung des Verhaltens mit einem alkoholbedingten „Blackout“ ließ das Gericht nicht gelten. Und droht der Arbeitnehmer am Tag nach der Weihnachtsfeier dem Chef, er werde „verbrannte Erde“ hinterlassen anstatt sich für seine Beleidigungen tags zuvor zu entschuldigen, ist eine fristlose Kündigung mehr als gerechtfertigt (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.04.2021, Az.: 2 Sa 153/20).
Fazit: Das Arbeitsrecht kennt keine mildernden Umstände für Fehltritte von Arbeitnehmern auf der betrieblichen Weihnachtsfeier. Was man während der normalen Arbeitszeit nicht tut, sollte man auch auf der Weihnachtsfeier unterlassen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest – und eine gelungene betriebliche Weihnachtsfeier.
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Für die arbeitsrechtliche Beratung bei Konflikten im Arbeitsverhältnis stehen Betrieben, die Mitglieder einer Innung sind, die Kreishandwerkerschaften exklusiv zur Verfügung.