Das Gebäude der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, welches gemeinsam mit Dom, Burg und Landesmuseum den Charakter des Burgplatzes im Braunschweiger Stadtzentrum prägt, besteht eigentlich aus zwei Gebäuden, dem von Veltheimschen Haus und dem Huneborstelschen Haus. Beide stammen aus dem 16. Jahrhundert, stehen jedoch erst 120 Jahre nebeneinander. Wissenswertes zum Braunschweiger Kammergebäude
Ein Haus zieht um
Insgesamt 364 Jahre, nämlich von 1536 bis 1900, stand das Huneborstelsche Haus nicht am Burgplatz, sondern im Braunschweiger Stadtteil Sack. Nachdem sein Erbauer, der Ratsherr und Kämmerer Friedrich Huneborstel, 1552 kinderlos gestorben war, ging es im Laufe der folgenden Jahrhunderte in den Besitz vieler verschiedener Familien über.
Im Jahr 1900 ließ sein letzter Besitzer das mittlerweile unmodern anmutende Haus schließlich abreißen. Da es sich aber um ein einmaliges kulturhistorisches Baudenkmal handelte, erwarb die Stadt Braunschweig die aufwändig geschnitzte Fassade der Speichergeschosse sowie den gesamten Dachstuhl. Beide wurden auf der Basis eines neu errichteten Gebäudes in der Baulücke zwischen dem von Veltheimschen Haus und dem 1896 errichteten Hotel „Deutsches Haus“ im Jahr 1902 am Burgplatz wieder neu errichtet. Da die Baulücke etwas breiter war als das ursprüngliche Huneborstelsche Haus, wurde zusätzlich zum Hotel hin ein schmaler, im Stil einer Kemenate gestalteter Anbau eingefügt, der seitdem das Treppenhaus beherbergt.
Gildehaus der Handwerkskammer
Die im Jahr 1900 gegründete „Handwerkskammer für das Herzogthum Braunschweig“, die in der Braunschweiger Steinstraße 3 logiert hatte, übernahm am 1. November 1902 das Huneborstelsche Haus mietweise und gab ihm den neuen Namen „Gildehaus“. Auch handwerklich bildete das reich gestaltete Figurenfries des Braunschweiger Holzbildhauers Simon Stappen aus dem 16. Jahrhundert eine gute Verbindung zum neuen Hausherren.
Den zentralen Raum im neuen Kammergebäude bildete der über zwei Geschosse gehende Gildesaal, der mit zahlreichen Devotionalien des Braunschweiger Handwerks ausgestattet ist. Käuflich erwarb die Kammer das Gildehaus schließlich 1952.
Von Veltheimsches Haus
Die zunehmende Erweiterung ihrer Aufgaben ließen auch den Raumbedarf der Handwerkskammer wachsen. Das direkt angrenzende Von Veltheimsche Haus, ein ehemaliger herzoglicher Lehnshof aus dem Jahr 1573, wurde daher 1935 hinzu gemietet. Wie auch das Gildehaus verfügt es über zahlreiche bauliche Besonderheiten, etwa eine besonders seltene Form der mehrgeschössigen „Auslucht“ (Frauensitz) mit Ausblick auf den Burgplatz. Die Kammer erwarb das Von Veltheimsche Haus sogar ein Jahr früher als das Huneborstelsche Haus, nämlich 1951.
Kriegsende und Besatzung
Am 11. April 1945 wurde das durch Bombenangriffe stark zerstörte Braunschweig von US-amerikanischen Truppen besetzt. Diese wurden am 5. Juni von britischen Truppen abgelöst, welche das Kammergebäude am Burgplatz zur Unterbringung ihrer Militärverwaltung beschlagnahmten. Erst 1951 konnte die Kammerverwaltung ihr Dienstgebäude wieder beziehen.
Seine historische Holzfassade erhielt das Huneborstelsche Haus erst weitere fünf Jahre später zurück. Denn nach den schweren Bombenangriffen des Jahres 1944 waren das wertvollen Figurenfries abmontiert und in die Domäne Hessen (heutiges Sachsen-Anhalt) ausgelagert worden. Der Rücktransport aus der damaligen DDR erwies sich als schwierig. Als die Fassade 1955 schließlich wieder in Braunschweig war, fehlten acht Teile, die nach fotografischen Aufnahmen nachgeschnitzt werden mussten. Am 6. August 1956 war die Fassade montiert und das Huneborstelsche Haus endlich wieder komplett.
Kulturhistorisches Denkmal Handwerkskammer
Das Braunschweiger Kammergebäude beherbergte im Laufe seiner Geschichte zehn Präsidenten, sechs Hauptgeschäftsführer sowie zahlreiche unterschiedliche Abteilungen und Gremien.
Seit der Fusion der Handwerkskammern Braunschweig und Lüneburg-Stade zur Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade im Jahr 2009 ist es einer der beiden Hauptsitze der fusionierten Kammer. Zudem sind das Von Veltheimsche und das Huneborstelsche Haus integrale Bestandteile der zentralen Braunschweiger Traditionsinsel Burgplatz.
Dem Erhalt und der Bewahrung dieser beiden denkmalgeschützten und handwerklich außergewöhnlichen Kleinodien fühlt sich die Handwerkskammer verpflichtet, auch wenn dies mit erheblichem Aufwand verbunden ist. So sind regelmäßig kleinere und auch größere Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten notwendig. Trotz ihres mittelalterlichen Anblicks sind die Gebäude im Inneren allerdings mit moderner Kommunikationstechnik ausgerüstet, so dass sie auch weiterhin ihre Aufgabe als Hauptsitz der Handwerkskammer in Braunschweig erfüllen können.