Lina Thomann hat eine Ausbildung zur Glaserin im elterlichen Betrieb gemacht. Sie ist bereits Gesellin.
Bartel / Handwerkskammer

Viele Frauen erlernen spannende Handwerksberufe. Wir haben Glaserin Lina Thomann an ihrem Arbeitsplatz besucht. "Wir sind ein Frauenbetrieb"

Die Glaserei Doerfert wurde 1919 von Friedrich Doerfert in Breslau gegründet. 1947 verschlug es ihn nach Salzgitter. Bei der Übergabe an die nächste Generation lag ihm die Weiterführung seines Betriebs mehr am Herzen als die damals herrschende Tradition: Er übergab den Betrieb nicht an die Söhne, sondern an seine Tochter, weil er ihr das meiste unternehmerische Geschick zutraute. „Seitdem wird die Glaserei von Frauen geführt“, sagt Lina Thomann. Sie hat gerade ihre Ausbildung zur Glaserin abgeschlossen und wird im Herbst mit der Meisterschule anfangen. Langfristig will sie den Betrieb von ihrer Mutter übernehmen.

Die Glasermeisterin Andrea Thomann führt den Betrieb mit sechs Mitarbeitenden zurzeit in der dritten Generation. Dass Lina Thomann etwas Handwerkliches machen möchte, war ihr schnell klar. „Ich habe erst überlegt, etwas Soziales zu studieren, aber dann habe ich gemerkt, dass Handwerk mein Ding ist. Es macht Spaß und gleicht mich aus.“ Nicht nur die Arbeit mit dem Glas hat es ihr angetan. „Ich arbeite auch gerne mit Holz. In meiner Freizeit gestalte ich Lampen aus alten Flaschen und Holz.“ Spaß macht ihr vor allem, dass ihr Alltag vielseitig ist. Kunden der Glaserei bekommen Duschen, Türen, Fenster, aber auch Bildereinrahmungen oder Anfertigungen aus Kunstglas. Alte Dinge werden repariert und neue Dinge werden gebaut.

Als Frau hat sie dabei allerdings häufiger mit Vorurteilen zu kämpfen. „Ich wurde schon häufiger gefragt, ob ich die Praktikantin bin“, berichtet Lina Thormann. In der Berufsschule war sie die einzige Frau. „Die Männer dort haben aber schnell gemerkt, dass ich in dem Beruf gut bin und haben mich akzeptiert. Es ist ein Trugschluss, dass Frauen es körperlich nicht schaffen. Fehlende Kräfte muss man teilweise kompensieren, aber das klappt sehr gut.“
Insgesamt seien Frauen häufig ehrgeiziger als Männer, weil sie sich öfter beweisen müssten. Dass die Glaserei mit ihren Frauen genauso gut und teilweise schneller arbeitet als andere Betriebe, konnte bei einem Montageauftrag an der See gezeigt werden. In einem Ferienpark mit schwimmenden Häusern mussten alle Fenster ausgetauscht werden. Den Auftrag teilte sich die Glaserei Doerfert mit einem anderen Betrieb. „Wir hatten am Ende die Scheiben schneller getauscht als unser Mitbewerber“, berichtet Thomann stolz.

Frauenförderung

Christina Völkers, Leiterin der Koordinierungsstelle zur Frauenförderung in der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, ist Ansprechpartnerin für Frauen im Handwerk. Sie bietet Hilfe beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Familienphase mit verschiedenen Weiterbildungen. Die Berater*innen in der Kammer helfen außerdem bei allen beruflichen Fragen weiter vertraulich und kostenlos. Das Weiterbildungsprogramm ist auf die persönlichen Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten und entspricht den aktuellen Erfordernissen auf dem Arbeitsmarkt. Dabei wird auf familienfreundliche Unterrichtszeiten und kleine Seminargruppen geachtet. Durch Zuschüsse aus EU- und Landesmitteln können die Teilnahmegebühren gering gehalten werden.



Christina Völkers, Abteilungsleiterin Koordinierungsstelle zur Frauenförderung Handwerkskammer

Christina Völkers

Projektleiterin Koordinierungsstelle zur Frauenförderung

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