Wird ein Arbeitnehmer krank, braucht er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
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Rechtsanwalt Dr. jur. Andreas Bierich erklärt, welche Handhabe Arbeitgeber*innen haben, wenn Arbeitnehmer*innen eine Krankmeldung androhen.Kündigung bei Drohung mit Krankmeldung

Kann der*die Arbeitgeber*in einem*einer Arbeitnehmer*in fristlos kündigen, der*die eine Krankmeldung oder -schreibung ankündigt, weil der*die Arbeitgeber*in einem bestimmten Verlangen des*der Arbeitnehmer*in nicht entsprechen will?

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hatte jüngst einen solchen Fall zu entscheiden (Urteil v. 21.07.2020, AZ: 8 Sa 430/19).

Der Fall: Der Arbeitgeber stellte den Arbeitnehmer nach Unstimmigkeiten für zwei Tage von der Arbeit frei. Am zweiten Tag der Freistellung wurde der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgefordert, am nächsten Tag im Betrieb zu einem "Abstimmungsgespräch" zu erscheinen. Inhalt des Gespräches sollte der Abschluss eines Aufhebungsvertrages verbunden mit der Zahlung einer Abfindung sein. Der Arbeitnehmer war aber mit der Höhe der vom Arbeitgeber genannten Abfindungssumme nicht einverstanden und verlangte einen Betrag, der das Übliche bei Weitem überstieg. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und wies den Arbeitnehmer erneut an, am nächsten Tag im Betrieb zu erscheinen. Der Arbeitnehmer erwiderte, er wisse nicht, ob er kommen werde, „er könne ja noch krank werden“, und werde ohne Anwalt sowieso nicht erscheinen. Am nächsten Tag meldete sich der Arbeitnehmer tatsächlich krank. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos.

Das LAG Rheinland-Pfalz hat im Ergebnis die fristlose Kündigung wegen des Vorliegens eines wichtigen Grundes zu Recht für wirksam erachtet. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes liegt ein wichtiger Grund u. a. dann vor, wenn der*die Arbeitnehmer*in seine*ihre Interessen im Arbeitsverhältnis durch eine rechtswidrige Drohung mit einem Übel durchzusetzen versucht. Damit werden Rücksichtnahmepflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB verletzt, vergleichbar der Ankündigung einer zukünftigen Erkrankung bei Nichtgewährung von Urlaub. Dabei reicht aus, dass der*die Arbeitnehmer*in eine Erkrankung nicht plump und wörtlich ankündigt. Schon wenn beim Arbeitgebenden der Verdacht aufkommt, der*die Arbeitnehmer*in sei bereit, sich einen ihm*ihr nicht zustehenden Vorteil auf Kosten des*der Arbeitgeber*in zu verschaffen, liegt eine schwere Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten vor, die den Ausspruch einer fristlosen Kündigungrechtfertigt. Unerheblich ist, ob der*die Arbeitnehmer*in nach seiner Drohung tatsächlich erkrankt.



Für die Praxis: Die Androhung einer Erkrankung kann im Einzelfall eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Der*die Arbeitgeber*in sollte das Fehlverhalten des*der Arbeitnehmer*in aber stets unter Hinzuziehung von Zeugen dokumentieren.



Zu weiteren arbeitsrechtlichen Fragen beraten die Kreishandwerkerschaften exklusiv die Mitglieder einer Innung.