Fragen an Götz-Rüdiger Kliesch zur Wahl der Vollversammlung
Götz-Rüdiger Kliesch, Leiter der Wahl zur Vollversammlung der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade 2023
Herr Kliesch, wer wählt eigentlich was bei den Kammerwahlen - und wann?
Götz-Rüdiger Kliesch: Der demokratische Verfassungsgrundsatz, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, gilt auch für die Handwerkskammern als Körperschaften der Selbstverwaltung. Deshalb wählen Handwerkerinnen und Handwerker aus dem Kammerbezirk mit Ausnahme der Lehrlinge alle fünf Jahre die Mitglieder ihrer Vollversammlung, dem so genannten Parlament der Handwerkskammer. Die nächste Wahl wird am 6. Dezember dieses Jahres stattfinden.
Sind die Wahlen zur Vollversammlung denn vergleichbar mit politischen Wahlen?
Götz-Rüdiger Kliesch: Die Wahlen zur Vollversammlung der Handwerkskammer, also einer „funktionalen Selbstverwaltungskörperschaft“, sind nicht gleichzusetzen mit allgemein-politischen Wahlen. Hier werden keine einzelnen Kandidaten gewählt, sondern die Besetzung der Vollversammlung erfolgt durch Gruppen. Diese Gruppen sind aufgeteilt in zwei Listen: eine mit selbstständigen Handwerkerinnen und Handwerkern, also Arbeitgebern, und eine mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Aufstellung dieser Listen erfolgt – anders als zum Beispiel bei den IHKs - im Verhältnis 2:1, also zwei Drittel Arbeitgebervertreter und ein Drittel Arbeitnehmer. Die Vollversammlung soll laut Gesetz außerdem ein möglichst genaues Abbild der wirtschaftlichen Struktur und Bedeutung der einzelnen Gewerbe im Kammerbezirk widerspiegeln. Deshalb werden die Sitze auf den Listen nach den einzelnen Gewerbegruppen und Regionen entsprechend aufgeteilt. Das Wahlergebnis muss dazu führen, dass die speziellen Gruppeninteressen als Wahlergebnis erkennbar vertreten sind.
Wie läuft die Wahl konkret ab?
Götz-Rüdiger Kliesch: Jeder Handwerker und jede Handwerkerin aus dem Kammerbezirk hat die Möglichkeit, Listen für die Wahl zur Vollversammlung aufzustellen und einzureichen. Dafür gibt es aber bestimmte Vorgaben: Die Listen müssen vollständig sein, fristgerecht eingereicht und spätestens drei Monate vor dem Wahltag öffentlich bekanntgemacht werden. Fristgerecht eingereichte, aber unzulängliche Listen, also zum Beispiel, wenn nicht genug Stellvertreter gefunden wurden, können im Rahmen einer Nachfrist nachgebessert werden. Wenn nur jeweils eine Selbstständigen- und Arbeitnehmerliste eingereicht wurde, so gelten die darauf genannten Personen als gewählt. Das ist die sogenannte Friedenswahl. Sind mehrere Listen zugelassen worden, so gibt es zum Wahltag eine Briefwahl für die betroffenen Handwerker, je nach Liste für Selbstständige oder Arbeitnehmer. Gewählt sind dann die Bewerber der jeweiligen Liste, die die meisten Stimmen erhalten hat. Gegen das Wahlergebnis kann Einspruch eingelegt werden und auch der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht steht offen.
Was genau machen Sie als Wahlleiter?
Götz-Rüdiger Kliesch: Die Wahl zur Vollversammlung wird nicht von der Handwerkskammer geleitet, sondern von einer unabhängigen und neutralen Person, nämlich dem Wahlleiter. Die Kammer stellt lediglich die nötige Infrastruktur zur Verfügung. In das Amt des Wahlleiters bin ich vom Vorstand der Handwerkskammer berufen worden und nun verantwortlich dafür, dass die Wahlen ordnungsgemäß und rechtssicher durchgeführt werden. Mir zur Seite stehen vier Handwerker als Beisitzer, und zwar zwei Selbstständige und zwei Arbeitnehmer, sowie ein Schriftführer. Zu meinen Aufgaben zählt zum Beispiel, dass ich öffentlich dazu aufrufe, Wahlvorschläge einzureichen, und erkläre, was dabei zu beachten ist. Spätestens 20 Tage vor dem Wahltag berufe ich dann den Wahlausschuss ein, um über die Zulassung der eingereichten Listen zu entscheiden und sie zu veröffentlichen. Anschließend habe ich für die Veröffentlichung des Wahlergebnisses zu sorgen. Wenn dann kein Einspruch eingelegt wird, ist meine Arbeit beendet.