TitelthemaTrotz Stress gesund bleiben
Burnout, Depressionen und körperliche Auswirkungen von zu viel Stress können einen ganzen Betrieb lahmlegen. Ist der Chef oder die Chefin nicht gesund, bedeutet das oft die unternehmerische Schieflage. Aus dem Alltag berichten Handwerkerinnen und Handwerker von ihrem Umgang mit Stresssituationen.
„Ich treibe Sport, halte mich sehr fit und sorge für einen Freizeitausgleich, der mich emotional auf eine andere Ebene bringt.“
Jochen Angerstein, Dachdeckermeister
Das Herz rast, die Hände schwitzen, der Kopf raucht: Derartige Stresssymptome hält höchstwahrscheinlich jeder Betriebsinhabende in der eigenen Laufbahn kürzer oder länger aus. „Es sind aber Warnzeichen“, sagt Jochen Angerstein. Er ist Dachdeckermeister, Ingenieur und Inhaber von drei Unternehmen. „Auch ich habe Stress, den ich körperlich merke.“ Damit der 51-Jährige jedoch mental und psychisch gesund bleibt, beugt er vor: „Ich treibe Sport, halte mich sehr fit und sorge für einen Freizeitausgleich, der mich emotional auf eine andere Ebene bringt.“ Neben dem regelmäßigen Kraft- und Ausdauersport helfen ihm Motorradfahren und Tauchen: „Da bin ich ganz bei mir, recht stumm und berauscht von Natur, Tiefe oder Geschwindigkeit.“ Das persönliche Wohl- befinden sei ausschlaggebend für die eigene Stressresistenz. Dabei wirke sich die psychische Gesundheit auch direkt auf den Betrieb aus: „Kann ich Stress aushalten, weil ich fit bin, kann ich meine Energie und Verhaltensweisen auch auf Mitarbeitende, Kollegen oder Kunden übertragen.“ Angerstein erklärt: „Für meine Psychohygiene brauche ich regelmäßige Pflegemaßnahmen für Körper und Seele.“ Wichtig sei für ihn dabei auch die Trennung von beruflichen und familiären Angelegenheiten, um im Feierabend zur Ruhe zu kommen.
„Ich musste erst lernen, dass Achtsamkeit und Feinfühligkeit mir selbst gegenüber essenziell auch für das Funktionieren des Betriebs sind.“
Anika Kaiser, Schornsteinfegermeisterin
Es gab eine Zeit, da ist es Schornsteinfegermeisterin Anika Kaiser gar nicht mehr gelungen, zur Ruhe zu kommen. „Als Betriebsinhaberin hatte ich allzeit den höchsten Anspruch an meine Leistungen beim Kunden und als Chefin“, erzählt die 41-Jährige. Dabei habe es jahrelang keinen Feierabend gegeben, kaum Pausen. „Irgendwann hat sich mein Körper gemeldet“, beschreibt die Meisterin. „Ich habe mich angeschlagen gefühlt, hatte Schlafstörungen und ständig Kopfschmerzen.“ Hilfe kam aus der Familie: „Mit dem entsprechenden Anstoß habe ich es geschafft, meinen Blick zu ändern und Strukturen zu schaffen, die mich selbst entlasten.“ So habe es einige Jahre einen Wecker im Büro gegeben, der mit seinem Piepton den Feierabend einläutete, Mittagessen im Stehen und auf die Schnelle habe sie durch bewusste Mahlzeiten ersetzt. Feste Zeiten gibt es außerdem für Sport und High- light-Termine wie Friseur oder Kosmetik. „Ich mache abends regelmäßig Yoga und Ausdauersport, um abschalten zu können“, erklärt sie. Viel zu selten habe es vor einigen Jahren noch diese Auszeiten gegeben. „Ich musste erst lernen, dass Achtsamkeit und Feinfühligkeit mir selbst gegenüber essenziell auch für das Funktionieren des Betriebs sind.“ Kommt es dennoch wieder einmal zu stressigen Situationen, gibt Anika Kaiser viel früher Aufgaben ab, fordert aktiv Unterstützung ein, auch bei ihrem Ehemann. „Als Team funktioniert ohnehin alles besser,“ rät sie. „Dies gilt sowohl im eigenen Betrieb als auch innerhalb der Familie.“
„Ich gehe in die Natur, am liebsten ohne Straßenlärm, dafür mit viel Wasser, Licht und Grün um mich herum.“
Margret Porwoll, Modistin
Als Alleinerziehende und Betriebsinhaberin hat Margret Porwoll anstrengende Zeiten hinter sich. „Ich hatte kaum Freizeit, habe mich oft gefühlt wie in einem Hamsterrad“, erzählt die Modistin mit Ladengeschäft in Braunschweig. Der Stress sei irgendwann zu viel geworden, ständige Müdigkeit und Schlafstörungen wurden zum Begleiter der 55-Jährigen. „Die Alarmglocken meines Körpers waren nicht mehr zu ignorieren“, erinnert sie sich. Für einen Arbeitsalltag ohne Pausen gebe es irgendwann die Quittung. Seither gönnt sie sich bewusste Entspannungsphasen: „Ich gehe in die Natur, am liebsten ohne Straßenlärm, dafür mit viel Wasser, Licht und Grün um mich herum.“ Der natürliche Fluss der Dinge beruhige unbeschreiblich. Die Handwerkerin habe erst lernen müssen, ihre Prioritäten zu überdenken, auch wenn Auszeiten bedeuten, einmal keinen Umsatz zu machen. „Die größte Verantwortung ist die eigene Gesundheit“, betont Margret Porwoll. Auch wenn die Arbeit großen Spaß mache, brauche Körper und Geist einen entspannenden Ausgleich.
Prävention bei Stresssituationen und Burnout
Interview mit Denise Rosenthal, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Signal Iduna Gruppe