TitelthemaKlimawandel auf dem Bau
Kühler Arbeitsplatz Fehlanzeige
Wo ist es heißer im Sommer: Auf dem Dachfirst oder auf der Asphaltdecke? Dass es immer wärmer und trockener wird, die Unwetter auch in Deutschland zunehmen, wird durch zahlreiche Studien belegt. Das bemerken auch viele Handwerkerinnen und Handwerker auf ihren Baustellen. Sie arbeiten im Freien und sind den Folgen des Klimawandels direkt ausgesetzt. Wie das bereits in einigen Gewerken den Arbeitsalltag beeinflusst, berichtet Bauunternehmer Phillip Benckendorf aus Peine. „Durch längere Trockenzeiten kommt es im Tiefbau dazu, dass Böden austrocknen. Die Folge ist, dass es zu einer hohen Staubentwicklung auf den Baustellen kommen kann. Um dem entgegenzuwirken und Böden auch wieder verarbeitbar zu machen, wird entsprechend gewässert. Im Gegenzug haben wir es dann mit extremen Regenfällen zu tun, sodass es häufiger zu Arbeitsabbrüchen und zu längeren Ausfallzeiten kommt“, erklärt der Betriebsinhaber der Benckendorf GmbH. Wichtig sei ihm das Bereitstellen von Wasser, Sonnenschutzcreme, Sonnenbrillen, Kopfbedeckung und Kühltaschen für die Mitarbeiter. Außerdem müsse den Arbeitnehmern genügend Freiraum gelassen werden, eigenverantwortlich ausreichend Pausen machen zu dürfen und, soweit es die Baustelle zulässt, früher als sieben Uhr auf den Baustellen zu beginnen, um die Mittagshitze zu meiden. Phillip Benckendorf betont zudem: „Es ist auch wichtig, dass unsere Auftraggeber entsprechend sensibilisiert sind: „Teilweise fehlt es an Anerkennung für das, was die Handwerkerinnen und Handwerker unter den extremen Wetterbedingungen auf den Baustellen leisten.“ Laut Benckendorf werden das Handwerk und der Bau in Zeiten des Klimawandels dringend benötigt. Um die Megatrends der erneuerbaren Energien, Renovierung und Sanierung und nachhaltigen Mobilität umzusetzen, werde es eine hohe Nachfrage nach Handwerks -und Bauleistungen geben. „Wir benötigen jetzt eine agile Politik, die auch hierfür die Rahmenbedingungen schafft, damit sich die Handwerksbetriebe zukunftssicher aufstellen und neue Geschäftsfelder erschließen können,“ sagt der Unternehmer. Auch im eigenen Betrieb wurde investiert: „Wir haben unseren Maschinenpark modernisiert, damit wir mit den effizientesten Motoren arbeiten, sodass wir den Dieselverbrauch minimieren. Da wo es Sinn macht, stellen wir auf Elektromobilität um. Auf unseren Werkstattdächern sind Photovoltaik-Anlagen installiert, mit denen wir weit mehr Strom erzeugen, als wir für unseren Büro- und Werkstattbetrieb sowie für den Betrieb unserer Betonanlage benötigen.“
„Trotz Extremwetter habe ich den schönsten Beruf.“
Den Bau von Solar- und Photovoltaikanlagen unterstützt auch die Dachdeckerei Hartmut Klein aus Eldingen bei Celle. Für Meisterin Sina Klein wird hinsichtlich der Klimaerwärmung das energetische Sanieren von Altbauten immer wichtiger: „So geht im Winter weniger Energie aus dem Haus verloren und im Sommer heizt es sich nicht so stark auf.“ Da die Arbeiten in ihrem Gewerk zumeist hoch oben auf dem Dach und somit im Freien stattfinden, seien zunehmende Hitze und anhaltender Dauerregen ein großes Problem. „Wir fangen im Sommer um halb sieben an zu arbeiten. Wenn es sehr warm werden soll, starten wir sogar noch früher“, sagt Sina Klein. Ausreichend Sonnenschutz, Sonnencremes, Hüte und Nackenschutz seien immer dabei. Ganz wichtig ist laut der Meisterin auch der Kasten Wasser. Die 24-Jährige macht sich Sorgen: „Meine Befürchtungen sind, dass die Hitzewellen immer länger, extremer und häufiger werden. Die Hitze führt zu Leistungseinbußen, wodurch auf den Baustellen nicht mehr so effektiv und gut gearbeitet werden kann, mehr Zeit wird benötigt.“ Aber die Auftragsbücher seien voll, Wartezeiten ohnehin schon hoch. „Da es sich nachts nicht mehr so abkühlt, fehlt es den Mitarbeitern an Erholung und Schlaf. Das ist bei der hohen körperlichen Anstrengung auf dem Dach problematisch“, erklärt sie. Dazu komme noch die hohe gesundheitsschädliche UV-Belastung. Optimistisch bleibt Sina Klein dennoch. Den Betrieb wolle sie von ihrem Vater übernehmen. In den sozialen Netzwerken präsentiert sie mit über 56.000 Followern auf Instagram erfolgreich ihr Gewerk: „Trotz aller Befürchtungen hinsichtlich des Klimawandels habe ich den schönsten Beruf.“