Interview mit Professor Frank Werner der BG BAUExtremwetter auf dem Bau

Der Klimawandel bringt zunehmend heiße Sommer und extreme Wetterbedingungen mit sich. Welche spezifischen Gesundheitsrisiken entstehen dadurch für Handwerker, insbesondere im Baugewerbe?

Prof. Frank Werner: Arbeitsbedingte Hitzebelastungen entstehen insbesondere bei der Kombination von hohen Temperaturen und körperlicher Arbeit. Die persönliche Beanspruchung wird maßgeblich mitbestimmt durch Akklimatisationszustand, körperliche Fitness, Erkrankungen sowie die Flüssigkeitszufuhr. Schafft es der Körper nicht mehr, seine Kerntemperatur stabil zu halten, kann das lebensbedrohlich werden. Hinzu kommt, dass Hitzestress das Risiko für Unfälle am Arbeitsplatz erhöht. Hitzeerkrankungen wie Sonnenstich, Hitzeerschöpfung und Hitzschlag dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden, denn sie können tödlich enden. Deshalb sollte neben den Sofortmaßnahmen auch immer der Rettungsdienst alarmiert werden. Damit jeder weiß, was im Notfall zu tun ist, müssen die Beschäftigten unterwiesen und die notwendige Erste-Hilfe-Ausrüstung vorgehalten werden. Eine weitere Gefahr: Die ultraviolette Strahlung der Sonne kann weißen Hautkrebs verursachen, wenn man seine Haut nicht schützt. Besonders betroffen sind Beschäftigte im Hochbau, Straßenbau, Gerüstbau, in der Glas- und Fassadenreinigung sowie im Dachdecker- und Zimmererhandwerk. Den besten Schutz bietet das Arbeiten im Schatten, also außerhalb der direkten Sonneneinstrahlung, und unter Verwendung körperbedeckender Kleidung und eines Kopfschutzes. Körperstellen, die sich nicht bedecken lassen, wie Gesicht, Ohren und Hände, sind durch UV-Schutzcreme mit einem Lichtschutzfaktor von mindestens 30 zu schützen.

Welche präventiven Maßnahmen sollten Handwerksbetriebe ergreifen, um ihre Mitarbeiter vor den gesundheitlichen Auswirkungen extremer Hitze zu schützen?

Prof. Frank Werner: Vor Hitze schützen können sich Beschäftigte am Bau zum Beispiel durch Schattenspender wie Wetterschutzzelte oder Sonnensegel. Auch Ventilatoren sorgen für Abkühlung. An besonders heißen Tagen ist es sinnvoll, die Arbeitszeit – wenn möglich – in die kühleren Morgen- oder späten Nachmittagsstunden zu legen, zusätzliche Wärmequellen zu vermeiden, die Arbeit zum Beispiel an Fassaden nach dem Sonnenstand auszurichten und die Arbeitsschwere und das Arbeitspensum zu verringern. Und ganz wichtig: zwischendurch regelmäßige Pausen im Schatten einlegen und viel trinken. Weil der Gesundheitsschutz auch den Hitzeschutz umfasst, müssen Unternehmen in der Gefährdungsbeurteilung die Belastung durch Extremwetter bewerten und notwendige Schutzmaßnahmen festgelegen. Außerdem müssen sie ihre Beschäftigten darüber aufklären, wie sie Hitzeerkrankungen vermeiden und Hitzestressreaktionen erkennen können und was sie im Ernstfall tun müssen, um sich selbst oder anderen zu helfen. Um unsere Mitgliedsbetriebe zu unterstützen, haben wir Hitzeaktionspläne für die Bauwirtschaft entwickelt.

Neben der Hitze gibt es auch andere klimawandelbedingte Herausforderungen wie verstärkte Regenfälle und Stürme. Welche besonderen Schutzmaßnahmen empfehlen Sie für Handwerker, die bei solchen Wetterbedingungen arbeiten müssen?

Prof. Frank Werner: Durch Gewitter oder Stürme mit Starkregen steigt auch das Unfallrisiko auf Baustellen. So können Wassermassen Tunnel oder Kanalisationen fluten und Kräne, Baumaschinen oder Gerüste, wenn sie nicht ausreichend gesichert sind, umkippen. Wie überall gilt auch hier: Mit aufmerksamem Verhalten und der richtigen Ausrüstung kann unwetterbedingten Gefährdungen wirkungsvoll begegnet werden. Bei bedrohlicher Witterung ist es wichtig, sofort die Arbeiten einzustellen, geschützte Aufenthaltsbereiche aufzusuchen und elektrische Betriebsmittel zu sichern sowie die rechtzeitige Unterbrechung von Arbeiten bei Unwetterlagen. Auch hier bieten wir eine Checkliste an, mit der sich Betriebe auf Extremwetterereignisse vorbereiten können.

Welche Schulungs- und Fortbildungsangebote gibt es von der Berufsgenossenschaft Bau, um Handwerker und Handwerksbetriebe besser auf die Herausforderungen des Klimawandels vorzubereiten?

Prof. Frank Werner: In unseren Seminaren werden regelmäßig auch die Gefährdungen durch Hitze und UV-Strahlung thematisiert. Um unsere Mitgliedsunternehmen bei der Unterweisung ihrer Beschäftigten zu unterstützen, bieten wir „Das kleine 1x1 im Arbeitsschutz“ an. Und in unserer täglichen Schulungsreihe „Stand der Technik – 60 Minuten mit Experten“ gibt es ein neues Onlineseminar, das darüber informiert, wie sich Beschäftigte am Bau am besten vor Hitze schützen können.

 

Professor Frank Werner

Stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Prävention der Baugenossenschaft (BG) BAU

Mehr Infos

www.bgbau.de