TitelthemaKeksteig und Visionen im Advent
In diesem Jahr fällt es wohl besonders schwer, besinnlich in die Weihnachtszeit zu starten. Zu viele Ereignisse im Weltgeschehen drücken auf die Stimmung, lähmen und bereiten Zukunftsängste auch im Handwerk. Aber vielleicht ist es genau in dieser Zeit wichtig, sich einzulassen auf Kerzenschein, Keksduft und gemütliche Stunden. „Mit Baumkuchenspitzen und Lebkuchen startet für mich die Vorweihnachtszeit“, schwärmt Bäcker- und Konditormeister Carsten Richter. In der Backstube der Familie Richter in Wolfenbüttel werden neben Brot, Kuchen und Brötchen in der Adventszeit auch handwerkliche Weihnachtsgebäcke hergestellt. Das traditionelle Herstellen von Baumkuchen stehe sogar für die Auszubildenden auf dem Lehrplan. „Weihnachten ist für das Bäckerhandwerk immer eine besondere Zeit“, stimmt Jan Richter, ebenfalls Bäcker- und Konditormeister, zu. Vater und Sohn bilden gemeinsam mit Bettina Richter die Geschäftsführung der Altstadtbäckerei und schauen trotz steigender Lebensmittelpreise, fehlender Fachkräfte und wachsender Strompreise optimistisch in das Jahr 2025: „Die Krise ist da, aber wir sollten aus Knappheiten und Gesellschaftswandel neue Möglichkeiten generieren, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken“, sind sich die Bäckermeister einig. Die Butter wird immer teurer, dann werde es hochwertige Ersatzprodukte geben. Der Energiepreis steigt unaufhörlich, dann müsse eigener Strom eingespart oder auf dem Dach produziert werden.
Die Ausbildungsplätze sind schwerer zu besetzen, deshalb muss der eigene Betrieb für junge Menschen noch attraktiver gemacht werden. „Dem Wandel sollten wir mit Flexibilität und Zeitgeist begegnen“, rät Carsten Richter. Warum nicht in der Ausbildung moderne Arbeitszeitmodelle oder Auslandsaufenthalte anbieten? „Im kommenden Jahr verlegen wir die Ausbildungszeiten in der Bäckerei von der Nacht auf den Tag“, erzählt Jan Richter. Der 25-Jährige weiß: „Mit dieser Umstellung können wir für unseren Bäckereibetrieb werben und junge Menschen erreichen.“ Das Arbeiten bei der Altstadtbäckerei Richter werde außerdem für alle Mitarbeitenden angenehmer durch das Digitalisieren vieler Arbeitsschritte und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz, beispielsweise in Bestellvorgängen oder Prognosen. „Ich bin froh, für diese Themen meinen älteren Sohn bereits im Boot zu haben“, betont Carsten Richter. „Den eigenen Betrieb frühzeitig an einen geeigneten Nachfolger zu übergeben ist wichtig“, appelliert der 55-Jährige. Nur so können Erfahrungsschatz, Traditionelles, neue Ideen und handwerkliche Fertigkeiten zusammenwachsen. Sohn Jakob kommt dann im Frühjahr 2026 dazu: „Er macht noch seinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre und die Bäckermeisterprüfung, um dann im Backhaus als kreativer Kopf und Produktentwickler einzusteigen und unser Marketing zu verantworten.“ Carsten Richter ist sich bewusst: „Dass meine Söhne den Familienbetrieb übernehmen, ist ein großes Glück.“ Den 155 Mitarbeitenden in der Altstadtbäckerei möchte er auch für das kommende Jahr auf den Weg geben: „Wir wollen zu den besten Bäckereien in unserer Region gehören und den Menschen ein Stück Heimat backen.“ Denn auf die gute Qualität komme es immer an.