Wird ein Arbeitnehmer krank, braucht er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
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Dr. Bierich informiertDas gekündigte Arbeitsverhältnis und der "gelbe Schein"

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses führt nicht selten zu Turbulenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Und auch nicht selten reichen Arbeitnehmer Arbeitsunfähigkeits(AU-) bescheinigungen ein, die sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankschreiben. Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 13.12.2023, Az. : 5 AZR 137/23) sieht den Beweiswert der AU-Bescheinigung regelmäßig dann als erschüttert an, wenn ein Arbeitnehmer zeitgleich mit seiner Kündigung eine Bescheinigung einreicht, die passgenau die noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdeckt. Aufgrund der so bestehenden Zweifel an der AU ist es dann Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen. Das gilt in gleicher Weise bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Dabei hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen diese Rechtsprechung in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 31.05.2024, Az.: 14 Sa 618/23) erheblich erweitert. Schwerwiegende Konflikte im Arbeitsverhältnis - beispielsweise eine „unliebsame“ Arbeitsanweisung - können danach im Rahmen der Würdigung der Gesamtumstände ebenfalls Anlass zur Annahme einer „vorgeschobenen Krankheit“ sein. Was Arbeitnehmer vortragen müssen, wenn ihre Krankmeldung angezweifelt wird, führt das LAG Mecklenburg-Vorpommern in einer neuen Entscheidung aus (Urteil vom 07.05.2024, Az.: 5 Sa 98/23).

Der Fall: Ein Fleischer, der selbst gekündigt hatte, reichte eine AU-Bescheinigung ein, die ihn bis zum letzten Arbeitstag krankgeschrieben hatte. Der Arbeitgeber zweifelte an der Echtheit der Bescheinigung und vermutete, der Arbeitnehmer wolle lediglich nicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses arbeiten. Daher leistete er keine Entgeltfortzahlung. Zu Recht, so das LAG und wies die Zahlungsklage des Fleischers ab. Die vorgelegten AU-Bescheinigungen und das pauschale Behaupten einer bestimmten Krankheit seien zum Nachweis einer AU nicht geeignet. Vielmehr müsse ein Arbeitnehmer fundiert und zumindest laienhaft etwa zu folgenden Punkten vortragen:

  • Welche Krankheiten haben vorgelegen?
  • Welche gesundheitlichen Einschränkungen haben bestanden?
  • Welche Auswirkungen haben die gesundheitlichen Einschränkungen auf die Arbeitsfähigkeit im konkreten Arbeitsverhältnis?
  • Welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente wurden ärztlich verordnet und wurden diese eingenommen?

Fazit

Die neue arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zum Beweiswert einer AU-Bescheinigung bei Kündigungen bringt wesentliche Erleichterungen für den Arbeitgeber bei verdächtigen Krankheitsfällen mit sich. Zwar kommt ihr weiterhin ein hoher Beweiswert zu; der Beweiswert der Bescheinigung ist aber nicht uferlos und Missbrauchsfällen wird vorgebeugt. Getreu dem Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“!

Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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