Interview mit Hester HansenAzubi-Suche
Wann ist der beste Zeitpunkt für einen Betrieb, mit der Suche nach Auszubildenden zu beginnen?
Hester Hansen: Grundsätzlich immer. Aber das hängt natürlich auch davon ab, wann der Auszubildende im Betrieb anfangen soll. Wer also zum 1. August oder 1. September einen Lehrling einstellen möchte, der sollte spätestens jetzt beginnen. Denn auch die großen Unternehmen sind bereits auf der Suche und der Markt wird mit der Zeit immer enger.
Also umgehend eine Stellenanzeige in der lokalen Zeitung schalten und dann läuft’s?
Hester Hansen: Das wäre schön. So einfach ist das leider nicht mehr. Stellenanzeigen in der Zeitung haben zwar noch ihre Berechtigung, denn die Eltern oder Oma und Opa lesen ja oft noch Zeitung und gucken dort nach Stellenangeboten. Aber ohne Internet und die Sozialen Medien funktioniert die Suche nach Auszubildenden eigentlich nicht mehr. Junge Menschen sind nun mal in erster Linie digital unterwegs und erwarten auch, dass sie dort die nötigen Informationen finden. Ein informativer Bereich für Ausbildungsplatzsuchende auf dem Internetauftritt des Betriebs ist also eigentlich das Minimum?
Was sollte so ein Bereich im Internet enthalten? Reicht da die Stellenanzeige?
Hester Hansen: Die Stellenanzeige ist natürlich notwendig, denn darum geht es ja. Darüber hinaus sollte der Betrieb aber diese Seite nutzen, um für sich selbst Werbung zu machen, die Konkurrenz ist schließlich groß. Was also zeichnet den Betrieb aus? Was unterscheidet ihn von anderen Betrieben? Ist es das tolle Team? Ist es die Familienfreundlichkeit? Sind es die außergewöhnlichen Aufträge oder Leistungen? Und es sollten nicht nur die Anforderungen an den zukünftigen Auszubildenden aufgeführt werden, sondern auch das, was ihm der Betrieb bietet, also zum Beispiel die Möglichkeit eines Auslandspraktikums oder eine Erfolgsprämie bei guter Gesellenprüfung. Die Suche nach Auszubildenden ist heute kein Selbstläufer mehr. Eine schlichte Stellenanzeige ist daher vermutlich zu wenig, um bei leistungsstarken Schulabgängern als Arbeitgeber in die engere Auswahl gezogen zu werden.
Wie unterstützt die Handwerkskammer Betriebe bei der Suche nach Auszubildenden?
Hester Hansen: Wir unterstützen im Rahmen der Ausbildungsberatung. Unsere Mitgliedsbetriebe können auch kostenlos ihre freien Ausbildungs- und Praktikumsplätze in die Online-Suche unserer Lehrstellenbörse sowie in die dazugehörige App „Lehrstellenradar“ eintragen. Darüber hinaus gibt es ein besonderes Angebot für kleine und mittlere Betriebe, und zwar das Projekt „Passgenaue Besetzung“. Konkret bedeutet das: Wir ermitteln auf Wunsch, welchen Bedarf an Auszubildenden ein Betrieb überhaupt hat. Wir erstellen gemeinsam mit dem Betrieb ein Anforderungsprofil für die Bewerber. Wir treffen eine Vorauswahl der Bewerbungen und schlagen empfehlenswerte Bewerber vor. Wir unterstützen bei Auswahlgesprächen und Einstellungstests und natürlich auch beim Abschluss des Berufsausbildungsvertrags. Und: Wir sind in den Schulen unterwegs und bewerben die uns bekannten offenen Praktikums- und Ausbildungsplätze auch dort.
Welche Betriebe können die „Passgenaue Besetzung“ in Anspruch nehmen?
Hester Hansen: Das Projekt „Passgenaue Besetzung wird aus Mitteln des Bundes und des Europäischen Sozialfonds gefördert. Die Beratung ist daher an bestimmte Vorgaben gebunden, denn die EU-Kommission möchte gezielt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fördern. Daher brauchen wir für die „Passgenaue Besetzung“ eine Eigenerklärung des Betriebs, dass es sich um ein KMU im Sinne der Europäischen Kommission handelt, also ein Unternehmen, das weniger als 250 Personen beschäftigt und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielt oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft.